Der Madonnen Klettersteig

Seit jeher umgibt eine mystische Aura die bizarren Zacken der Lienzer Dolomiten. Ganz egal ob Kletterer, Geister, Hexen oder Unholde: Niemand kann sich der Faszination dieser Bergwelt entziehen. Eine besonders reizvolle Tour führt mitten durch ihr Herz: der Madonnen Klettersteig.

Klettersteige und -touren sind Urlaub fürs Gehirn. Sobald du in eine Route einsteigst, gibt es nur noch das Hier und Jetzt. Die Sorgen und Probleme des Alltags sind für den Moment vergessen. Kaum ein anderer Sport macht den Kopf so frei und fordert deinen Körper und Geist gleichermaßen. Nur wenige Bergerlebnisse sind intensiver und erfüllender. Das kontrollierte Bezwingen von Herausforderungen stärkt zusätzlich dein Selbstbewusstsein und die Selbstwahrnehmung.

Der Madonnen Klettersteig führt auf einen der schönsten Aussichtsberge der Region – die Große Gamswiesenspitze (2.486 m). Auf ihrem Gipfel eröffnet sich ein atemberaubendes 360-Grad-Panorama, das vom Kerschbaumertal über den benachbarten Laserzkessel bis in die Hohen Tauern reicht. Während du deinen Blick über die Osttiroler Bergwelt schweifen lässt, spürst du die Kraft, die diese mystische Steinlandschaft ausstrahlt.

Mindestens so intensiv wie das Gipfelerlebnis ist der Weg dorthin. Der zweigeteilte Madonnen Klettersteig führt in der denkbar schönsten Linie durch die Felswände der Großen Gamswiesenspitze und nach einem kurzen Abstieg weiter über eine anregende Plattenkletterei auf die Kleine Gamswiesenspitze (2.454 m). Die 650 Klettermeter kommen komplett ohne künstliche Tritte aus und die technischen Schwierigkeiten gehen nie über Chinaus. Das macht den 2006 errichteten Klettersteig zum puren Genuss, der in einer 16 Meter langen Hängebrücke gipfelt.

Den Namen verdankt der Eisenweg übrigens einer markanten Felsformation im oberen Teil des Steigs. Ein Felsblock etwas oberhalb der Kletterroute erinnerte die Erbauer an eine steinerne Madonna. Kurzerhand wurde der Skulptur ein Heiligenschein aufgesetzt, der im richtigen Sonnenlicht bis ins Tal funkelt. Die Felsenmadonna und der Name des Klettersteigs waren geboren.

Der Zustieg vom Parkplatz bei der Dolomitenhütte dauert etwa 3 bis 4 Stunden, für den Klettersteig selbst solltest du 2 Stunden einplanen. Mit dem Abstieg wird die Tour zu einer ausgewachsenen Runde. Um das Erlebnis stressfrei genießen zu können, solltest du dir bestenfalls zwei Tage dafür Zeit nehmen. Die malerisch gelegene Karlsbader Hütte am Laserzsee eignet sich ideal als Stützpunkt.

Dort kannst du nicht nur in den glasklaren Bergsee, sondern auch in die sagenhafte Welt der Lienzer Dolomiten vollends eintauchen. Spätestens wenn die Sonne die umliegenden Felswände scheinbar brennen lässt, sich der Nebel wie eine sanfte Decke über das Tal legt und die Gipfel mysteriös von Wolken umhüllt werden, wird klar, warum die Region die Fantasie der Menschen seit Jahrhunderten beflügelt.

So einsam die Bergerlebnisse in Osttirol auch sind: In den Lienzer Dolomiten ist man nie wirklich alleine – zumindest wenn man den alten Sagen glaubt. Zwischen den bizarren Felsformationen sollen seit jeher Hexen und Berggeister ihr Unwesen treiben. Einst wurden die Lienzer Dolomiten sogar „die Unholden“ genannt. Aber keine Angst: Im Madonnen Klettersteig musst du dich nicht vor den grimmigen Zeitgenossen fürchten. Die namensgebende steinerne Maria hält ihre schützende Hand über die Besucher und sorgt dafür, dass du sicher wieder ins Tal kommst.

Lienz ist die ideale Basis für dein Klettersteig-Abenteuer in Osttirol. Die Sonnenstadt ist sowohl mit dem Auto als auch öffentlich bestens erreichbar und bietet alles, was das Kletterherz begehrt – von qualitätsgeprüften Kletterunterkünften bis hin zu Sportfachgeschäften. Vom Zentrum aus gelangst du mit dem Auto oder Wandertaxi in rund 20 Minuten über eine Mautstraße zum großen Parkplatz bei der Dolmitenhütte. Mit dem Wanderbus ist der Ausgangspunkt an bestimmten Tagen sogar öffentlich erreichbar.